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Gisela Elbracht-Iglhaut

Präsenz und Abwesenheit

Die Materialien aus denen Brigitte Dams ihre Skulpturen und Rauminstallationen schafft erscheinen auf den ersten Blick profan. Fahrrad- oder Feuerwehrschläuche, Gummikübel oder Stahlträger, ausrangierte Alltagsgegenstände werden metaphorisch in neue komplexe Sinnzusammenhänge gestellt.

 

Die Eigenschaft des Materials, für das Werk von Brigitte Dams signifikant elastische dehnbare schwarze Gummischläuche, wird genutzt. Scheinbar endlose Schläuche werden nach strengem System geordnet und verflochten oder dem Prinzip des Zufalls folgend ineinander gedreht und fast netzartig miteinander verwoben und verschlungen.

 

Raumkörper entstehen, die, mal auf den Boden, dann auf die Wand bezogen, stets raumgreifend wirken. Die ursprünglich „armen“ Materialien werden zu geheimnisvollen körperhaften Gebilden mit beinahe anrührend lyrisch-poetischer Ausstrahlung. Assoziationen an existentielle menschliche Befindlichkeiten werden wach. Emotionale Zustände wie Schutzbedürftigkeit, die Suche nach Halt oder In- sich- gekehrt –sein werden ebenso thematisiert wie Verbundenheit, Halt geben und Beschützen. Oft sind die Schläuche so systematisch und dicht miteinander verbunden, dass sie sich dem Betrachter entziehen, nur die äußere Hülle und Oberfläche preisgeben, Wesentliches aber verbergen. Andere sind so locker miteinander verwoben, dass die Dehnung des Gummis an der Wand sie beinahe vor die Zerreißprobe stellt und die Gebilde ihre Fragilität und Durchschaubarkeit dem Betrachter schutzlos offen legen. Die körperlichen Gestalten scheinen in Wandlung begriffen zu sein, fast abwesend und doch schon in Entwicklung zu neuer Präsenz.

 

Auch in den Zeichnungen ist die Anwesenheit und Abwesenheit von Dingen, die äußere Form als etwas Wandelbares, Gewesenes und zugleich Werdendes Thema. Neben verschiedenen Zeichengeräten wie Bleistift und Tusche verwendet sie hauptsächlich das Prinzip der Collage. Bestandteile dieser geklebten Bilder sind dabei nicht etwa Fotos, Fahrkarten oder Zeitungsteile, sondern schlichte Papiere, von unterschiedlicher haptischer, opaker und transparenter Qualität. Alle zeichnen sich durch eine stark reduzierte Farbigkeit aus. Vorherrschend ist meist das leere Weiß, oder farbloses transparentes Papier, selten ergänzt durch gedecktes Gelb, oder leichte Orangetöne. Die Künstlerin sammelt solche Papiere, um genügend Material für diese geschichteten Bilder zu haben, zum Teil zerschneidet sie dazu eigene Zeichnungen aus ihrem Fundus.

 

Bei der Komposition dieser Arbeiten wird die weiße Fläche des Papiers zum Raum, der gefüllt werden muss und das Verteilen und Verschieben, das Spiel mit Präsenz und Abwesenheit, Verdecken und Verstecken der Flächen ist ein dreidimensionaler Akt, der die Fronten zwischen der Malerei und Skulptur aufhebt.

 

Transparente Papierstücke werden hinter strukturierten schweren Papierflächen versteckt, luken nur leicht hervor. Transparentpapier verdeckt farbige Papiere und lässt Umrisse nur noch schemenhaft erkennen, Farben diffus verblassen. Die collagierten Flächen, immer auf die klare Form des Rechtecks und Quadrats reduziert, erinnern an Traditionen der abstrakten Farbfeldmalerei. Erst die mit dem Bleistift gezeichneten Bildelemente, Linien und Kreise assoziieren Gegenständlichkeit. Oft bezieht sich die Künstlerin auf reale Objekte, die sie faszinieren, wie die Frucht eines Affenbrotbaums, die in Skizzen immer wieder ihren Zeichnungen auftaucht. Horizontale Linien auf geschichteten, eckigen Flächen lassen an weite, ebene Landschaften denken.

 

In der 2001 entstandenen Edition „me, myself and I” deutet die Linie höchstreduziert den Umriss eines Portraits an. Nur schemenhaft lässt sich die Kontur des Kopfes und des Oberkörpers ausmachen, die Linie füllt das Bildformat und wiederholt sich im Hintergrund als Schatten des Körpers und des menschlichen Daseins.

 

Körperliche Präsenz und gedankliche Abwesenheit, der Wandel den das Individuum Mensch bewusst oder unbewusst permanent vollzieht, die Vielschichtigkeit subjektiven Empfindens werden hier ausdrucksstark thematisiert. presence_ absence, Da-Sein, Verschwinden, Verborgen bleiben, Verwandlung, Neu-Entdecken sind Prozesse, die den Betrachter unmittelbar in das Werk einbeziehen. Brigitte Dams Zeichnungen und Collagen sind ein Spiel mit dem Verstecken, dem Verborgenen und dem Drang zu entdecken. Die Betrachtung der Bilder, Skulpturen und Installationen wird zu einer spannenden Erfahrung die dem Betrachter die Grenzen des Sehens und Entdeckens bewusst vor Augen führt. Zugleich werden aber auch die Möglichkeiten des Sehens offenkundig, die Chance hinter die Dinge zu schauen, oder ihnen tatsächlich auf den Grund zu gehen.

 

Dabei strahlen die Arbeiten eine fast kontemplative Ruhe aus, zwingen den Betrachter behutsam zu schauen, lassen Wesentliches zunächst unentdeckt, umkreisen das Geheime und geben es nur zum Teil preiss.